Die Mehrwertsteuersenkung 2020: Das muss man beim Verkaufen auf Amazon beachten
Darum geht es im Konjunkturpaket 2020
Die Große Koalition hat in Folge der Corona-Krise ein Konjunkturpaket vorgelegt, welches unter anderem die befristete Absenkung der Umsatzsteuer ab dem 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 vorsieht.
Aber worum geht es hier genau? Welche genauen Fragestellungen und Problematiken beim Verkaufen auf Amazon mit der Umsatzsteuersenkung einhergehen, haben wir in Kooperation mit Sebastian Schießling, Steuerberater der Kanzlei Steuerteam GmbH, für Sie ausgearbeitet.
Worum geht es?
Die Große Koalition hat sich am 03.06.2020 auf ein Konjunkturprogramm verständigt. Ziel dieses „Konjunktur- und Zukunftspaketes“ ist es, Arbeitsplätze zu sichern und die, durch die Corona-Krise geschwächte, Wirtschaft wieder anzukurbeln. Das 130-Milliarden Euro schwere Programm beinhaltet unter anderem die Senkung der Umsatzsteuer und die Entlastung für Familien, Wirtschaft und Kommunen.[1]
Ab wann gilt die Mehrwertsteuersenkung und wie ändern sich die Steuersätze?
Die Umsatzsteuer soll von derzeit 19 Prozent auf 16 Prozent, bzw. von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt werden. Diese Senkung soll befristet vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 gelten.
Die vorgelegten Maßnahmen sollen im Zweiten Gesetz der Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) umgesetzt werden. Bisher (Stand 23.06.2020) liegt hierfür ein Gesetzesentwurf der Großen Koalition vor, welcher durch den Bundestag am 29.06.2020 verabschiedet werden und am selben Tag in einer Sondersitzung des Bundesrates beraten werden soll.[2] Erst wenn der Bundestag das Gesetz verabschiedet und der Bundesrat zugestimmt hat, kann das Gesetz durch den Bundespräsidenten verkündet werden und Geltung entfalten.
Auch wenn die Beratungsunterlagen der verschiedenen Ausschüsse des Bundesrates daraufhin deuten, dass dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zugestimmt werden wird, ist die Senkung der Umsatzsteuer ist bisher noch nicht in trockenen Tüchern und könnte sowohl durch den Bundestag, als auch durch den Bundesrat noch gekippt werden.
UPDATE ZUR MEHRWERTSTEUERSENKUNG: Mittlerweile (Stand 29.06.2020) haben sowohl der Bundestag, als auch der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zugestimmt. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird dieses wirksam, was bereits zum 01.07.2020 geschehen soll. [3]
Welche praktischen Fragestellungen treten bei der befristeten Senkung der Mehrwertsteuer 2020 auf?
Die auftretenden Fragestellungen, welche sich durch die Senkung der Umsatzsteuer für die Praxis ergeben sind weitreichend. Im Kern wird es wohl meistens um Abgrenzungsfragen gehen – also auf welchen Zeitpunkt bei einer Leistungserfüllung zur Steuerberechnung abgestellt werden muss und welcher Mehrwertsteuersatz dann anwendbar ist. Mittlerweile hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein begleitendes Schreibenim Entwurf herausgegeben, welches verschiedenste Fragestellungen in diesem Zusammenhang erläutert.
In diesem Blogbeitrag möchten wir speziell darauf eingehen, welche steuerlichen Fragestellungen sich beim Verkaufen auf Amazon ergeben und wie diese Thematiken gelöst werden können.
Praktische Umsetzung der Mehrwertsteuersenkung auf Amazon
Der Amazon Marktplatz muss grundsätzlich erst einmal in zwei Bereiche unterschieden werden: Das Verhältnis zwischen dem Händler und Amazon (B2B), sowie das Verhältnis zwischen dem Händler und dem Endkunden (B2C). In beiden Konstellationen werden Rechnungen gestellt, auf welche die Umsatzsteuer anfällt. In eigens gestellten Rechnungen muss die korrekte Umsatzsteuer angegeben werden. Rechnungen, die der Händler von Amazon bekommt, sollten unbedingt auf ihre Korrektheit geprüft werden.
Corona Boom auf Amazon – Änderungen für das Verkaufen bei Amazon im Zuge der Steuersenkung?
Der Corona-Lockdown war für Amazon ohnehin schon eine riesige Win-Situation. Durch die Mehrwertsteuersenkung werden die Umsätze des Online-Gigants vermutlich noch weiter in die Höhe gehen, da Menschen weiterhin bei Amazon kaufen werden. Ob die Mehrwertsteursenkung an den Kunden weitergegeben wird, ist allerdings abhängig davon, ob ein Unternehmen als Seller oder als Vendor bei Amazon verkauft.
Die Umsatzsteuersenkung für Vendoren
Beim Amazon Vendor-Programm verkauft der Händler im B2B-Verhältnis an Amazon Amazon selbst tritt als Verkäufer auf und stellt die Rechnung an den Endkunden. Vendoren müssen in diesem Fall lediglich die Abrechnungen auf die korrekte Umsatzsteuer prüfen, welche sie von Amazon erhalten.
Die Amazon Gebühren
Auch für die verschiedenen Gebühren bei Amazon fällt die Mehrwertsteuer an. Diese Gebühren können sowohl Seller, als auch Vendoren betreffen. So werden im Seller-Programm u.a. Versandgebühren, die Abonnement-Gebühr und Kosten für Werbeanzeigen von Amazon an den Händler berechnet.
Abgrenzungsfragen sollten sich hier nicht ergeben, da Amazon die Rechnungen an den Händler jeden Monatsletzten, für den laufenden Monat stellt. Auf diesen Rechnungen werden alle Leistungen als Einzelpositionen für jeden einzelnen Tag im Monat aufgeführt.
HINWEIS: Alle eingehenden Amazon-Rechnungen zu Ende Juli sollten auf den korrekten Umsatzsteuerbetrag geprüft werden.
Die Umsatzsteuersenkung für Seller
Seller verkaufen ihre Produkte direkt an den Endkunden und stellen diesem die Rechnung, Daher müssen Seller sich eigenständig mit der Umsatzsteuerthematik und der korrekten Rechnungsstellung befassen.
Bei der Abgrenzung und der Festlegung des korrekten Umsatzsteuersatzes ist in diesem Fall fraglich, welcher Zeitpunkt maßgeblich für dessen Festlegung ist: Bestellungsdatum? Rechnungsdatum? Versanddatum? Datum des Zahlungseingangs?
Eine Lieferung gilt im Umsatzsteuerrecht als dann ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an der Ware erhalten hat. Wird die Ware an den Kunden versendet, so gilt in diesem Fall der Beginn des Versandablaufs als Leistungsdatum.
Der Umsatzsteuersatz bestimmt sich demnach grundsätzlich nach dem Versanddatum.
Praktische Umsetzung der Steuersenkung für das Verkaufen auf Amazon
Bei der Rechnungsstellung auf Amazon haben Seller verschiedene Möglichkeiten: Sie können die Rechnungen selbst schreiben und diese im Seller Central hochladen. Alternativ können Sie Tools nutzen, welche eine Anbindung zum Seller Central haben und die Rechnungsstellung automatisch übernehmen. Beispiele für solche Tools sind. Amainvoice oder den Umsatzsteuerberechnungsservice von Amazon.
Bei eigenen Rechnungen, welche in das Seller Central hochgeladen werden, müssen Händler darauf achten, dass sie den korrekten Umsatzsteuersatz auf der Rechnung anwenden. Die verschiedenen Tools übernehmen dies automatisiert, es ist davon auszugehen, dass dies rechtzeitig umgestellt sein wird.
HINWEIS: Kontaktieren Sie rechtzeitig Ihren Rechnungsdienstleister und fragen Sie dort an, ob von Ihrer Seite aus Handlungsbedarf besteht und stimmen Sie Prozesse in Ihrem Unternehmen ab.
Muss die Umsatzsteuersenkung an den Kunden weitergegeben werden?
Der Gesetzesentwurf zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz sieht keine Verpflichtung zur Weitergabe der Steuersenkung an den Endkunden vor. Die Preispolitik bleibt dem Unternehmen selbst überlassen.
Welche Auswirkungen hat die Steuersenkung auf Amazon-Retouren?
Eine häufige Frage gilt der steuerlichen Behandlung von Retouren, also Bestellungen, die nach dem alten Umsatzsteuersatz berechnet wurden und zum Zeitpunkt der Geltung des neuen Umsatzsteuersatzes retourniert werden.
Bei einer Retoure handelt es sich um die Rückabwicklung eines Kaufes, bei dem immer die Umsatzsteuer zu erstatten ist, welche dem Kunden zum Zeitpunkt der Bestellung berechnet wurde.
Beispiele zur zeitlichen Abgrenzung des Umsatzsteuersatzes:
Quellen:
[1] Vgl. o.A.: „Ein ambitioniertes Programm“, online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/konjunkturpaket-1757482 [Zugriff am 30.06.2020]
[1] Vgl. o.A.: „Sondersitzung zum Konjunkturpaket am 29.06.2020“, online: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/pm/2020/010.html [Zugriff am 30.06.2020]
[3] Vgl. o.A.: „Bundesrat kompakt. Das Wichtigste zur Sitzung.“, online: https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/20/991/991-pk.html?nn=4352766#top-1a [Zugriff am 30.06.2020]
[4] Vgl. Iser, J.: „Mehrwertsteuersenkung. Amazon kann sich freuen.“, online: https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-06/mehrwertsteuersenkung-effizienz-konjunkturpaket-bundesregierung-corona-krise [Zugriff am 30.06.2020]